Ernährung vulnerabler Bevölkerungsgruppen in Guatemala

Bestimmte Bevölkerungsgruppen sind besonders gefährdet durch Mangelernährung gesundheitliche Beeinträchtigungen zu entwickeln. Dazu gehören vor allem Schwangere, Stillende und kleine Kinder vom Säuglings- bis zum Schulalter. Groß angelegte Feldstudien überprüfen daher den Gesundheits- und Ernährungszustand dieser vulnerablen Bevölkerungsgruppen in Guatemala, um im nächsten Schritt bestehende Ernährungsdefizite gezielt ausgleichen zu können.

1. Xela-Babies und Mam-Mamas

Hintergrund

Das Mam-Mamas-Projekt und das Xela-Babies-Projekt sind zwei große Feldstudien, die den Einfluss der mütterlichen Gesundheit, des Stillverhaltens und der Zufütterung auf das Wachstum der Kinder untersuchen. Beide Studien beobachten das Ernährungsverhalten und die Gesundheitsentwicklung der Mütter und ihrer Kinder über einen längeren Zeitraum. In den Gegenden Guatemalas, in denen diese Studien stattfinden, ist ein vermindertes Längenwachstum („Stunting“) bei Kleinkindern weit verbreitet. Die Studie zielt auf den Zusammenhang zwischen der Gesundheit der Mütter in der späten Schwangerschaft und in den ersten 6 Monaten der Stillzeit und deren Einfluss auf Wachstum, Erkrankungshäufigkeit und die Widerstandskraft der Kinder. Die Studie nutzt qualitative und quantitative Interviewmethoden und sammelt biologische Proben wie Speichel, Urin, Kot und Muttermilch. Auf invasiv zu sammelnde Blutproben wird ausdrücklich verzichtet. Bei Müttern und Kindern werden das Ernährungsverhalten, Größe und Gewicht, Parasitenbefall und Infektionen, die Qualität der Muttermilch sowie soziologische und biologische Parameter für Stress bei den Müttern, z.B. Stresshormone in Speichel und Muttermilch, erfasst. Durch gezielte Untersuchung gesunder Familien, deren Kinder normal wachsen, werden zudem Erkenntnisse gewonnen, die zu möglichen Lösungswegen der Gesundheitsprobleme dieser Region führen können (Prinzip der „positiven Abweichung“ = „Positive Deviance“).

Präsentation zu diesem Thema: Final Report „The ‚Cuarenta‘: Perceptions and Practices of Maternal Care during early Postpartum period among Mayan Women from the Guatemalan Western Highlands“

Verminderte Körpergröße (“Stunting”) bei Geburt

Guatemala hat bei den unter 5-Jährigen die höchste Rate an vermindertem Längenwachstum (“Stunting”) auf dem amerikanischen Kontinent. 54% dieser Kinder liegen unter dem Minimum internationaler Standards für Längenwachstum. Die Wachstumsrate reduziert sich schon kurz nach der Geburt und führt bereits im Alter von 24 Monaten zu einer dramatisch verringerte Körpergröße. Vorausgegangene Studien haben vor allem Kinder ab 6 Monaten untersucht und den Zeitraum zwischen der Geburt und einem halben Jahr vernachlässigt.

Erste Erkenntnisse aus den Xela-Baby- und Mam-Mama-Projekten zeigen, dass das Wachstum in diesen ersten Lebensmonaten bereits bei einem Drittel der Kinder hinter der Norm zurückbleibt. Diese Erkenntnis sollte sich auf die Gesundheitsempfehlungen auswirken. Es wird deutlich, dass Anstrengungen zur Verbesserung des Längenwachstums bereits während der Schwangerschaft, vielleicht sogar noch früher beginnen müssen. Die Gesundheit der werdenden Mutter sollte so in den Mittelpunkt von Bemühungen um die gesunde Ernährung der Kinder geraten. Andererseits provoziert ein starkes intrauterines Wachstum das Risiko einer schweren Geburt bei den zu kleinen Müttern in dieser Bevölkerung und sollte von entsprechender verbesserter Geburtshilfe begleitet werden.

Beziehung zwischen Agüitas und Krankheitsanfälligkeit

Eine tief in der Kultur Guatemalas verwurzelten Praxis ist es, Kleinkindern Kräutertees und verdünnten Getreidebrei zu füttern, die als Agüitas („kleine Wässerchen“) bezeichnet werden. Streng betrachtet verletzt das die Regeln des „ausschließlichen Stillens“ nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wird wegen des geringen Kaloriengehalts aber nicht als Fütterung von Beikost gewertet. Dennoch weisen erste Ergebnisse aus dem Xela-Babies-Projekt darauf hin, dass die frühe Einführung von Agüitas Risiko von Stunting in den ersten 24 Lebensmonaten steigert.

Ergebnisse

Die im Rahmen der Xela-Babies- und Mam-Mamas-Projekte gewonnenen Daten zeigten hohe Stunting-Raten in dieser Bevölkerungsgruppe schon in den ersten Lebensmonaten.

Entsprechende Publikationen

Die komplette Referenz erscheint bei Mausklick

N45: The stunted child with an overweight mother as a growing public health concern in resource-poor environments: A case study from Guatemala N40: Energy contribution from non-breastmilk items in low-income Guatemalan infants in their sixth month of life N37: Stunting at birth: recognition of early-life linear growth failure in the western highlands of Guatemala N35: Feeding patterns before 6 months of age: the relative validity of recall from interviews of mothers of Guatemalan infants and toddlers N32: Earlier introduction of aguitas is associated with higher risk of stunting in infants and toddlers in the Western Highlands of Guatemala N31: Highland Guatemalan women are extremely short of stature, and no lactation duration effects on body composition are observed in a cross-sectional survey N30: Nutrient density in complementary feeding of infants and toddlers N29: Stunting rates in infants and toddlers born in metropolitan Quetzaltenango, Guatemala N27: Estimates of exclusive breastfeeding rates among mother-infant dyads in Quetzaltenango, Guatemala, vary according to interview method and time frame N25: The concept of „critical nutrient density“ in complementary feeding: the demands of the „family foods“ for the nutrient adequacy of young Guatemalan children with continued breastfeeding N24: Ritual fluids in relation to early child nutrition in Quetzaltenango, Guatemala N19: Food variety, dietary diversity, and food characteristics among convenience samples of Guatemalan women N18: Contribution of complementary food nutrients to estimated total nutrient intakes for urban Guatemalan infants in the second semester of life N17: Reproducibility regarding the age of introduction of complementary foods to infants as self-reported by urban and rural low-income mothers in Guatemala N12: Contribution of complementary food nutrients to estimated total nutrient intakes for rural Guatemalan infants in the second semester of life N11: Contribution of complementary foods to the total daily water needs of urban Guatemalan infants N04: Dietary characteristics of complementary food offered to Guatemalan infants vary between urban and rural settings

Ziele

Untersuchung des Einflusses der mütterlichen Gesundheit, des Stillverhaltens und der Zufütterung auf das Wachstum und die Gesundheit der Kinder

Projektteam

M Vossenaar, R Garcia, A Maldonado, M Escobar

Ort

Quetzaltenango-Provinz, Guatemala

Stand

Datenerhebung andauernd

2. Versorgung von Kindern in Tagesstätten

Hintergrund

Das „Secretariat for Social Projects of the First Lady of Guatemala” (SOSEP) unterstützt die „Hogares Comunitarios“ (HC), also Kindertagesstätten, die beiden Elternteilen in einkommensschwachen Gebieten ermöglichen arbeiten zu gehen. Hier bekommen die Kinder ausgewogene und standardisierte Mahlzeiten. Dazu gehören ein Frühstück, ein Mittagessen und zwei Snacks an 5 Tagen pro Woche in einem sich alle 8 Woche (40 Tage) wiederholenden Speiseplan. Dieser Menüplan gilt für alle teilnehmenden Kindertagesstätten. Dadurch wird das Nahrungsangebot aller Teilnehmer standardisiert, mit Ausnahme des zu Hause eingenommenen Abendessens.

Die Menge der einzelnen Nährstoffe in diesen Mahlzeiten wurde mithilfe der Lebensmitteltabellen des US Department of Agriculture bestimmt.
Durch diesen standardisierten Speiseplan werden Unterschiede zwischen den Kindern bezüglich Ernährungsstatus und Gesundheit ausschließlich von genetischen und Umwelt-Faktoren beeinflusst.
Es wird nun untersucht, inwieweit Wachstum, hämatologischer Status, oxidative und entzündliche Prozesse, parasitärer Befall und auch der Flüssigkeits-Status (Hydratation) sich unter diesen normierten Bedingungen zwischen den Individuen unterscheiden.

Entsprechende Publikationen

Die komplette Referenz erscheint bei Mausklick

N39: Associations among inflammatory biomarkers in the circulating, plasmatic, salivary and intraluminal compartments in apparently healthy preschool children, from the Western Highlands of Guatemala N36: The Nutritional Contribution of Foods and Beverages Provided by Government-Sponsored Day Care Centers in Guatemala N34: Urinary osmolality of preschool children with a largely common weekday meal offering, from the western highlands of Guatemala N28: Contribution of fruit and vegetable intake to hydration status in schoolchildren N26: Daily consumption of foods and nutrients from institutional and home sources among young children attending two contrasting day-care centers in Guatemala City N23: Evaluating food menus from day care centers in Guatemala City: Descriptive and analytical approaches for consideration in Nutrition N22: Beverage consumption and anthropometric outcomes among schoolchildren in Guatemala N16: Nutrient offerings from the meals and snacks served in four day care centres in Guatemala City N10: Dietary intakes and food sources of fat and fatty acids in Guatemalan schoolchildren: a cross-sectional study N09: Contribution of beverages to energy, macronutrient and micronutrient intake of third- and fourth-grade schoolchildren in Quetzaltenango, Guatemala N08: Volume, frequency and participation in plain drinking water consumption by third- and fourth-grade schoolchildren in Quetzaltenango, Guatemala N07: Total dietary water intake in Guatemalan Children N06: Ready-to-eat cereals are key sources of selected micronutrients among schoolchildren from public and private elementary schools in Quetzaltenango, Guatemala N05: Distribution of macro- and micronutrient intakes in relation to the meal pattern of third- and fourth-grade schoolchildren in the city of Quetzaltenango, Guatemala

Ziele

Bestimmung des Einflusses von Umweltfaktoren und Genetik auf den Ernährungsstatus und die Gesundheit bei Kindern

Projektteam

MJ Soto-Mendez, G Montenegro-Bethancourt, M Vossenaar

Ort

Quetzaltenango-Provinz, Guatemala

Stand

Datenerhebung abgeschlossen

3. Supertortilla - Ernährungsgewohnheiten und Vorlieben von Frauen in gebärfähigem Alter

Hintergrund

Die Ansprüche an eine ausgewogene Ernährung sind während Schwangerschaft und Stillzeit höher als sonst. Obwohl das übliche Ernährungsverhalten selbst in den ärmeren Bevölkerungsschichten Guatemalas annähernd die Bedürfnisse der Frauen an Nährstoffen und Spurenelementen deckt, reicht die Zufuhr nicht aus, um für Schwangerschaft und Stillzeit ausreichende Reserven aufzubauen. Eine sinnvolle gesundheitsfördernde Maßnahme wäre es deshalb, die Nahrungsmittel mit Nährstoffen und Spurenelementen soweit anzureichern, dass sie Bedürfnissen einer Schwangerschaft entsprechen.

In der Provinz Quetzaltenango hat CeSSIAM 2 Projekte mit diesem Schwerpunkt. Frau Dr. Orozco arbeitet an einem Maismehl, aus dem Tortillas oder Tamales hergestellt werden können, die den Bedarf an Mikronährstoffen bei Schwangeren und stillenden Frauen decken. Zudem wurde ein Fragebogen ausgearbeitet, um herauszufinden, wie Maismehl-haltige Nahrung zubereitet und unter den Familienmitgliedern verteilt wird.

Ein weiterer Schwerpunkt erfasst den Nährstoffbedarf von Schwangeren und Stillenden in ländlichen und städtischen Gebieten und die Defizite im Vergleich zu internationalen Ernährungsempfehlungen. Dies berücksichtigt auch spezielle Abneigungen und Gelüste in dieser Zeit und schließt Nahrungsmittel-Tabus, Vermeidungshaltungen und den Einfluss der Familienhirarchie mit ein.

Entsprechende Publikationen

Die komplette Referenz erscheint bei Mausklick

N19: Food variety, dietary diversity, and food characteristics among convenience samples of Guatemalan women

Abstracts EB 2015: ID: 4337

Ziele

Entwicklung eines optimierten Nährstoff-angereicherten Maismehls

Projektteam

M Orozco, L Hernandez, R Campos, A Maldonado, M Escobar, ED Ruiz, D Fuentes, R García, M Vossenaar, R Kanter, N Solomons

Ort

Quetzaltenango, Guatemala

Stand

Datensammlung abgeschlossen